Nicolaas Thomas Bernhard (* 9. Februar 1931 in Heerlen, Niederlande; † 12. Februar 1989 in Gmunden, Oberösterreich) war ein österreichischer Schriftsteller. 1970 erhielt er den Georg-Büchner-Preis; seit den 1980er Jahren wird er international zu den bedeutendsten österreichischen und deutschsprachigen Autoren gerechnet.[1]
Thomas Bernhard wurde als nichteheliches Kind in Heerlen (Niederlande) geboren, wo seine Mutter Herta Bernhard (1904–1950) als Haushaltshilfe arbeitete. Sie war die Tochter Anna Bernhards und des Salzburger Schriftstellers Johannes Freumbichler.
Thomas Bernhards Vater war der aus Henndorf am Wallersee stammende Bauernsohn und Tischler Alois Zuckerstätter. Thomas Bernhard lernte ihn nie kennen. Zuckerstätter wurde, obwohl er die Vaterschaft bestritt, vom Jugendamt als Vater festgestellt; er weigerte sich, Alimente zu zahlen, war bei Nachforschungen oft unsteten Aufenthalts und heiratete später in Deutschland. Seine Tochter Hilda überlebte ihren Halbbruder, erfuhr aber erst kurz vor dessen Tod von seiner Existenz.
Über den Tod seines leiblichen Vaters, der am 2. November 1940 in Berlin[2] durch eine Gasvergiftung starb, wobei man Suizid vermutete, erfuhr Bernhard nichts Genaues: er vermutete, dass sein Vater mit 43 Jahren in Frankfurt an der Oder umgekommen sei, und erzählte, er habe in der Familie den Vornamen Alois nie aussprechen dürfen. Seine Mutter litt unter der äußerlichen Ähnlichkeit des Kindes mit seinem Vater.[3]
Bis Herbst 1931 verblieb Thomas auf einem Fischkutter bei Rotterdam.[4] Im September schickte ihn seine Mutter zu ihren Eltern; er lebte dann in der Wernhardtstraße 6 im 16. Bezirk (Ottakring) von Wien. Die schlechte finanzielle Situation veranlasste seine Großeltern 1935, gemeinsam mit dem damals 4-jährigen Thomas von Wien nach Seekirchen am Wallersee, ganz in die Nähe des Geburtsortes von Großvater und Vater, Henndorf, zu ziehen.[5] Die Zeit dort beschrieb Bernhard im Rückblick als die glücklichste seines Lebens. Seine Mutter heiratete 1936 in Seekirchen den Wiener Friseurgesellen Emil Fabjan; mit ihm und ihrem Sohn übersiedelte sie 1937 nach Traunstein in Oberbayern, wenige Kilometer jenseits der Salzburger Grenze.[2]
1941 wurde Bernhard in ein nationalsozialistisches Erziehungsheim in Saalfeld geschickt. Man hatte in der Familie das von einer Sozialbetreuerin empfohlene salzburgische Saalfelden, wo er sich erholen sollte, mit dem thüringischen Saalfeld verwechselt. Die in Saalfeld gemachten traumatischen Erfahrungen flossen in Bernhards autobiografische Erzählungen ein. Ab 1943 war er im NS-Internat „Johanneum“ in Salzburg untergebracht. Hier ermöglichte ihm sein Großvater Violinunterricht bei Georg Steiner, einem Mitglied des Mozarteum-Quartetts.[6] Nach schweren Bombenangriffen kehrte Bernhard nach Traunstein zurück. Erst nach Kriegsende besuchte er wieder das mittlerweile wie vor 1938 katholische „Johanneum“.
1946 übersiedelte die ganze Familie in den Salzburger Stadtteil Aiglhof in die Radetzkystraße 47. Der Großvater setzte sich nachhaltig für eine künstlerische Ausbildung Bernhards ein. 1946 endete seine Schullaufbahn im Salzburger Akademischen Gymnasium; Bernhard brach die Schule ab und absolvierte von 1947 an eine Lehre als Einzelhandelskaufmann in dem Kolonialwarenladen von Karl Podlaha in der Salzburger Scherzhauserfeldsiedlung, einer Armensiedlung. Heute ist der Gang, an dem der Laden in einem Keller lag, nach Thomas Bernhard benannt. Er schilderte diese Zeit in seinem autobiografischen Text Der Keller (1976). Er ging damals, wie er schrieb, „in die entgegengesetzte Richtung“. In seinen autobiografischen Erzählungen bezeichnete er später die Institution Schule als „Geistesvernichtungsanstalt“.
Im Jänner 1949 bekam Thomas Bernhard eine tuberkulöse, nasse Rippenfellentzündung, die ihn beinahe das Leben kostete. Der geliebte Großvater lag zur selben Zeit im St.-Johanns-Spital und starb im Februar an akutem Nierenversagen. Die Mutter starb im Herbst 1950 an Krebs.
1950 veröffentlichte Bernhard unter dem Pseudonym Thomas Fabian[7] die Kurzgeschichte Das rote Licht – damit begann seine lebenslange schriftstellerische Tätigkeit. Der Tod und die Relativierung aller anderen Werte angesichts der steten Bedrohung durch ihn wurden in seinen Werken zu einem der wichtigsten Motive. Seine Romane, die autobiografischen Erzählungen und ein Gedichtband tragen Titel wie In hora mortis, Frost, Die Kälte, Verstörung und Auslöschung.
Es gab in seinem Leben, wie er sagte, zwei für ihn „existenzentscheidende“ Menschen: seinen Großvater, der ihm den Sinn für die Philosophie, für das „Höchste, Allerhöchste“ mitgegeben und der ihm Montaigne, Schopenhauer und Pascal nähergebracht hatte, und seinen „Lebensmenschen“ Hedwig Stavianicek. Mit ihr verband ihn bis zu ihrem Tod 1984 eine innige Beziehung und Freundschaft.
1951 hatte die um 37 Jahre ältere Frau ihn während seines Aufenthalts in der Lungenheilstätte Grafenhof in St. Veit im Pongau in der dortigen Kirche singen gehört und fünf Jahre später auch persönlich kennengelernt. Die „Tante“ wurde für ihn zunächst zur Förderin, führte ihn in die Wiener Gesellschaft ein und unternahm mit ihm manche Reise. Ihren Tod verarbeitete er in dem Roman Alte Meister. Eine Komödie als den Tod der Frau des Protagonisten.
Während der 1950er Jahre arbeitete Bernhard als Journalist, u. a. von 1952 bis 1955 als freier Mitarbeiter bei der sozialistischen Tageszeitung Demokratisches Volksblatt, und war gleichzeitig als freier Schriftsteller tätig. Im Salzburger Mozarteum nahm er Unterricht in Schauspielkunst und Dramaturgie und in Musiktheorie bei Theodor W. Werner. Ende 1954 trat Bernhard auf Anregung des Chefredakteurs des Demokratischen Volksblatts Josef Kaut der SPÖ bei, bereute dies jedoch schon am nächsten Tag und sandte das Parteibuch zurück. Anschließend beendete er auch die Arbeit für das Volksblatt.[8]
Am 9. November 1954 hielt Bernhard in Salzburg einen Vortrag, dessen bis dahin unbekanntes Manuskript im Jahr 2009 vom Cheflektor des Suhrkamp-Verlags entdeckt wurde. Im Vortrag drückte Bernhard seine Bewunderung für Arthur Rimbaud aus; er schrieb, Rimbaud sei „keusch und tierhaft zugleich“ gewesen. Dies ist die früheste bekannte Äußerung Bernhards zu seinem Selbstverständnis als Autor sowie zum staatlichen Kulturbetrieb; er verhöhnt darin einen „Herrn vom Kulturamt“, der sich bei Dichterlesungen wichtigtuerisch vor den Autor schiebt.[9]
1957 trat Thomas Bernhard mit dem Gedichtband Auf der Erde und in der Hölle als Lyriker auf. Auf dem Tonhof des Komponisten Gerhard Lampersberg in Maria Saal kam Bernhard zwischen 1957 und 1959 (nach Oliver Bentz bis Sommer 1960) in Kontakt mit Schriftstellerkollegen wie H. C. Artmann, Christine Lavant, dem jungen Peter Turrini und Wolfgang Bauer, aber auch mit dem Maler Hundertwasser und anderen Künstlern. Lampersberg und seine Frau hegten ihm gegenüber später ambivalente Gefühle, die sich anlässlich der Veröffentlichung von Holzfällen zu einer offenen Feindschaft entwickelten. 1984 erwirkte Lampersberg, den Roman seines ehemaligen „Schützlings“ gerichtlich zu beschlagnahmen, da er sich in der Figur des Auersberger wiedererkannte.
Prägend für Bernhards Entwicklung als Schriftsteller war die Zeit, die er in frühester Kindheit bei seinem Großvater Johannes Freumbichler verbracht hatte, dazu das Gefühl, von seiner Mutter alleingelassen, ungeliebt, unerwünscht zu sein, vom Vater verleugnet. Dazu kam ein schweres Lungenleiden und später das „Boeck-Besnier-Schaumann-Syndrom“ (Morbus Boeck), in dessen Verlauf es zu einer dilatativen Kardiomyopathie, einer „Herzerweiterung“, kam.
In einem Filmgespräch an drei Tagen mit Ferry Radax, einem seiner selten gewährten Interviews, erläuterte Bernhard 1970 den Einfluss seines persönlichen Lebenshintergrundes auf sein Werk.[10]
Von 1965 an lebte Bernhard, wenn er nicht in Wien oder auf Reisen war, in Obernathal (Gemeinde Ohlsdorf). Das Preisgeld des Bremer Literaturpreises, den er für seinen Roman Frost erhalten hatte, ermöglichte ihm im selben Jahr über den Realitätenhändler (= Immobilienmakler) Ignatz Hennetmair die Anzahlung zum Kauf seines Vierkanthofes. Bernhard beschrieb diesen Vorgang eingehend in seinem postum erschienenen Band Meine Preise sowie in Andeutungen im Roman Ja. Von 1974 bis 1987 war Bernhard Mitglied des Österreichischen Bauernbundes, einer Teilorganisation der konservativen ÖVP. Dies wurde erst nach seinem Tod öffentlich bekannt.[11] Bernhard liebte es, neben der Schreibarbeit ausgedehnte Spaziergänge zu unternehmen. Bernhards Leidenschaft für Kaffeehäuser führte ihn in Wien in das Café Bräunerhof, das sein Stammcafé wurde, auch in Gmunden und Salzburg suchte er häufig Cafés auf, die ihm zur „zweiten Wohnstube“ wurden.
Ende November 1988 erlitt Bernhard eine Lungeninfektion. Sein Halbbruder Peter Fabjan, in Gmunden niedergelassener Facharzt für Innere Medizin, betreute ihn auf seinen ausdrücklichen Wunsch zu diesem Zeitpunkt bereits rund zehn Jahre. Am 12. Februar 1989 starb Thomas Bernhard in seiner Gmundner Wohnung an Herzversagen.
Am 16. Februar wurde er im Grab seines „Lebensmenschen“ Hedwig Stavianicek auf dem Grinzinger Friedhof[12] in Wien beerdigt, wunschgemäß nur in Anwesenheit der engsten Angehörigen. Die Nachricht von seinem Tod sollte der Öffentlichkeit erst nach der Beerdigung bekanntgegeben werden, was nicht ganz gelang. Sein Grabstein ist mehrfach beschädigt und die Grabtafel gestohlen worden.[13]
Viele Romane und Erzählungen Bernhards bestehen zum Großteil oder zur Gänze aus Monologen des Ich-Erzählers und einem fiktiven stummen oder beinahe stummen Zuhörer oder Schüler, wie zum Beispiel dem Erzähler Franz-Josef Murau und seiner Schülerfigur Gambetti im späten Hauptwerk Auslöschung. Anlässlich einer häufig überspitzt und grotesk dargestellten Alltagssituation oder einer von ihm selbst konstruierten philosophischen Frage referiert der Ich-Erzähler seine Sicht der Dinge. Auch in Bernhards Dramen findet sich häufig eine ähnliche Konstellation.
Bernhard spielt bevorzugt mit den Stilmitteln der Suada, der monologisierenden Rede, der Polemik und des Kontraintuitiven. In den Prosawerken erzielt Bernhard eine Distanzierung von den Tiraden des Monologisierenden, indem er sie den stillen Zuhörer sozusagen aus zweiter Hand wiedergeben lässt. Einschaltungen wie „sagte er“, „so Reger“ etc. sind kennzeichnend für den Stil Bernhards.
Die Monologisierenden sind nicht selten Wissenschaftler, durchweg – um Bernhards eigene Terminologie zu verwenden – „Geistesmenschen“, die in langen Schimpftiraden gegen die „stumpfsinnige Masse“ Stellung beziehen und mit ihrem scharfen Verstand alles angreifen, was dem Österreicher traditionell „heilig“ ist: den Staat selbst, den Bernhard gerne als „katholisch-nationalsozialistisch“ bezeichnet; anerkannte österreichische Institutionen wie das Wiener Burgtheater, allseits verehrte Künstler etc.
Bernhards Hauptfiguren setzen in kategorischen Behauptungen ihre Aussagen oft absolut. Kennzeichnend für die Monologe seiner Protagonisten sind Ausdrücke wie „naturgemäß“, „alle“, „nichts“, „immer nur“, „fortwährend“, „durchaus“ etc. Von vornherein schalten sie mit Sätzen wie „darüber gibt es doch gar nichts zu diskutieren“, „da kann man sagen, was man will“ u. ä. jeden möglichen Einwand aus.
Ein besonderes stilistisches Merkmal von Bernhards Prosa ist eine Technik der Steigerung, der Übertreibung, des sich Hineinsteigerns beziehungsweise des sich Versteigens in fixe Ideen, was jeweils sehr kunstvoll durch eine Wiederholungstechnik orchestriert wird, in der bestimmte Themen, Versatzstücke und abfällige Bezeichnungen mit hoher Frequenz wiederholt (aber immer auch leicht variiert) und dabei immer weiter gesteigert werden. Diese Technik Bernhards ist Kompositionsmethoden der Barockmusik und der seriellen Musik verwandt, solche Passagen sind oft komische Höhepunkte seiner Werke. Seine Sprache hat eine starke melodische Wirkung.
Bernhards Texte sind einerseits gallige oder komische Ergüsse gegen alles und jeden, andererseits aber voller autobiographischer Bezüge. Obwohl es zahlreiche Parallelen zwischen den Protagonisten und Bernhard gibt, handelt es sich immer um Rollenprosa. Es geht in den Romanen oft um die Tragik, die Vereinsamung, die Selbstzersetzung eines Menschen, der nach Vollkommenheit strebt. Ein immer wiederkehrendes Thema ist die Vollkommenheit der Kunst sowie ihre Unmöglichkeit, da nach Bernhard Vollkommenheit den Tod bedeutet. Bernhard stellt philosophischen Passagen sehr oft alltägliche, oft geradezu banale Betrachtungen gegenüber.
In seinen Werken lässt sich Bernhard immer wieder über die „bessere Gesellschaft“ Wiens und Salzburgs aus, die er oft mit ätzender und schmähender Kritik überzieht. Österreich beschreibt er gern als Land der Spießer, wobei er die Verhältnisse in finstersten Farben schildert. Viele Personen des öffentlichen Lebens, aber auch zahlreiche Bekannte Bernhards, fühlten sich parodiert oder verunglimpft. All dies bewirkte, dass viele seiner Veröffentlichungen und Theaterpremieren Skandale und Tumulte auslösten.
Bernhard verarbeitete seine Kindheit und Jugend literarisch in fünf autobiografischen Werken: Die Ursache, Der Keller, Der Atem, Die Kälte und Ein Kind.[14]
Die meisten Theaterstücke Thomas Bernhards wurden unter der Regie Claus Peymanns uraufgeführt. Zwischen dem Theatermann und dem Autor bestand zeitlebens eine spannungsvolle Freundschaft.
Bernhard provozierte vor allem in seiner österreichischen Heimat immer wieder heftige Kritik, viele seiner Aufführungen wurden von publikumswirksamen Skandalen überschattet, die Politik, Boulevardpresse und Kunstbetrieb gleichermaßen in Atem hielten. Die in seinen Texten beschriebene Abneigung gegenüber Österreich[15] löste regelmäßig heftige Gegenreaktionen aus, die Kronen-Zeitung und populistisch agierende Politiker forderten lauthals Aufführungsverbote und die Ausbürgerung Bernhards – der pauschale Vorwurf des „Vaterlandsverräters“ und „Nestbeschmutzers“ war öfter zu hören. Manche seiner Kritiker erhitzten sich an der als wenig konfliktscheu und narzisstisch empfundenen Persönlichkeit Bernhards, der nicht davor zurückscheute, die Pauschalvorwürfe seiner Literatur öffentlich zu wiederholen. Die öffentliche Entrüstung steigerte den Buchabsatz Bernhards erheblich und machte ihn schnell bekannt.[16]
Der erste Vorfall, der Bernhard in die Schlagzeilen brachte, war der sogenannte Staatspreis-Skandal, der am 4. März 1968 im Wiener Unterrichtsministerium seinen Ausgang nahm: Bei der Verleihung der Staatspreise für das Jahr 1967 sagte Bernhard, statt eine Fest- und Dankesrede zu halten:
„Es ist alles lächerlich, wenn man an den Tod denkt […] Der Staat ist ein Gebilde, das fortwährend zum Scheitern, das Volk ein solches, das ununterbrochen zur Infamie und zur Geistesschwäche verurteilt ist. Das Leben Hoffnungslosigkeit, an die sich die Philosophien anlehnen, in welcher alles letztenendes verrückt werden muss. Wir sind Österreicher, wir sind apathisch; wir sind das Leben als das gemeine Desinteresse am Leben, wir sind in dem Prozess der Natur der Größenwahn-Sinn der Zukunft.“[17]
Durch die Reaktion des Unterrichtsministers Theodor Piffl-Perčević sowie durch dessen Laudatio fühlte sich Bernhard seinerseits brüskiert. In Artikeln und öffentlichen Stellungnahmen verbreiteten der Autor und sein Verleger Siegfried Unseld ihre Sicht des Geschehens;[17] dies wiederum löste Reaktionen von staatlicher Seite aus.[18] So wurde der Festakt zur Verleihung des Anton Wildgans-Preises an Bernhard abgesagt. Bernhard verarbeitete dieses Geschehen in seinen Büchern Wittgensteins Neffe und Meine Preise.
1972 kam es bei der Uraufführung seines Stückes Der Ignorant und der Wahnsinnige im Rahmen der Salzburger Festspiele zum Bruch mit der Festspielleitung, weil Bernhard am Ende der Aufführung absolute Dunkelheit verlangte und auch die Löschung des Notlichts forderte. Die feuerpolizeilichen Bestimmungen ließen dies jedoch nicht zu.
Im September 1985 warf ihm anlässlich der Uraufführung des Schauspiels Der Theatermacher (zu dessen Hauptmotiven ebenfalls das Löschen des Notlichts zählt) bei den Salzburger Festspielen der damalige Finanzminister Franz Vranitzky in Anspielung auf die Kultursubventionen vor, „sich unter Einstreichung guter Steuerschillinge die eigene Verklemmung über dieses Land vom Leib zu schreiben“.
Die Skandale mit der größten Publikumswirksamkeit waren der um seinen 1984 veröffentlichten Roman Holzfällen sowie der um das Drama Heldenplatz, das er zum 50. Jahrestag des „Anschlusses“ Österreichs an den NS-Staat geschrieben hatte.
Zum letzten Mal sorgte Bernhard nach seinem Tod im Februar 1989 mit seinem Testament für Aufregung, in dem er ein allgemeines Aufführungs- und Publikationsverbot aller seiner Werke innerhalb der Grenzen Österreichs verfügt hatte.
Unter dem Einfluss der Arbeit Bernhards stehen und standen viele deutschsprachige Literaten und Künstler. Einer der wenigen bekennenden Bernhard-Verehrer zu Lebzeiten war der Kabarettist Hanns Dieter Hüsch, der Ende der 1970er Jahre seine Alter Ego-Figur „Hagenbuch“ stilistisch ganz offen auf Bernhards Kunst, Figuren in verschachtelten Gedankensprüngen erzählen zu lassen, begründete.
Neben den sehr intensiv dargebotenen Bühnenfiguren, den Themen, der Gedankenführung und Sprache des Kabarettisten Georg Schramm stellt auch der Titel seines seit 2005 aufgeführten Programms „Thomas Bernhard hätte geschossen“ den direkten Bezug zu Bernhards Werk her.
In seiner Parodie „Aus den Verliesen des Suhrkamp-Verlags“ imitiert Antonio Fian die Sprache Thomas Bernhards.
Thomas Bernhards Bruder und Universalerbe Peter Fabjan gestattete zunächst die weitere Aufführung bereits im Spielplan befindlicher Bernhard-Inszenierungen, was vor allem dem Wiener Burgtheater unter seinem damaligen Direktor Claus Peymann zugutekam, das zum Zeitpunkt von Bernhards Tod vier seiner Stücke im Repertoire hatte.
Später erlaubte er Ausnahmen von der testamentarischen Verfügung, so dass ab 1999 Neuinszenierungen von Bernhards Dramen möglich wurden. Bernhards Verbot „jede[r] Einmischung“ und „jede[r] Annäherung dieses österreichischen Staates“ gegenüber seiner Person und seinem Werk wird in den öffentlichen Veranstaltungen dadurch Rechnung getragen, dass diese ohne die Patronanz und ohne Anwesenheit von Politikerprominenz stattfinden.
Für den Nachlass Thomas Bernhards, etwa 20.000 Originaldokumente, gründete dessen Erbe Peter Fabjan 1998 die Thomas Bernhard-Privatstiftung. Der Literaturwissenschaftler Martin Huber begann mit der Aufarbeitung der Schriften. 2001 zog das Thomas Bernhard-Archiv, unterstützt durch das Land Oberösterreich, in die denkmalgeschützte Kleine Villa Toscana in Gmunden.[22]
In Zusammenarbeit mit dem Cheflektor des Suhrkamp Verlages, Raimund Fellinger, Wendelin Schmidt-Dengler sowie Martin Huber und zahlreichen Mitarbeitern wurde bis Dezember 2015 eine zweiundzwanzigbändige Werkausgabe Thomas Bernhards erstellt.
Von 2015 bis 2018 wurden die Dokumente des Archivs für die Österreichische Akademie der Wissenschaften digital erfasst. Das Archiv befindet sich seit 2015 wieder in Thomas Bernhards ehemaliger Wohnung in Gmunden. Die Archivalien, auch die digitalisierten, sind derzeit (Stand 2019) nicht allgemein zugänglich.[22]
In der Scherzhauserfeldsiedlung im Salzburger Stadtteil Lehen, wo Thomas Bernhard eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann absolvierte, ist eine Straße nach ihm benannt.
Gesamtausgabe:
Personendaten | |
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NAME | Bernhard, Thomas |
ALTERNATIVNAMEN | Bernhard, Niclaas Thomas (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 9. Februar 1931 |
GEBURTSORT | Heerlen, Niederlande |
STERBEDATUM | 12. Februar 1989 |
STERBEORT | Gmunden, Österreich |